Veszprémi Nóra - Jávor Anna - Advisory - Szücs György szerk.: A Magyar Nemzeti Galéria Évkönyve 2005-2007. 25/10 (MNG Budapest 2008)

STUDIES - Miklós MOJZER: Der historische Meister MS sive Marten Swarcz seu Martinus Niger alias Marcin Czarny, der Maler des Krakauer Hochaltars von Veit Stoß II. Teil. Krakau und Nürnberg im Jahr 1477 und davor

11. Argumente für die Herkunft der beiden Stoß aus Sie­benbürgen: Der in Krakau als Harow eingetragene Ortsname als von sich selbst angegebener Geburtsort von Mathis Stoß bezeichnet eine auch heute bestehende Ortschaft am Fluß Maros, ung. Haró, rumänisch Häräu, nahe bei Déva, rum. Deva. Der Tischler Ladislaus, als vengrzyn ein Landsmann von Stoß, gab diesen Ort als Geburtsort von Veit 1502 in der Form Horb an. Harow-Horb an der wichtigsten Handels- und Was­serstraße des Maros (rum. Mures) nach Siebenbürgen bzw. von dort nach dem Westen, war ein verkehrsreicher Ort. Studenten aus Horb und seiner Umgebung gab es an den Universitäten Krakau und Wien jeweils in der Bursa der Ungarn in ansehn­licher Zahl, darunter auch solche mit deutschem Familienna­men. In Wien scheint der erste Student aus Haró, Jacobus de Horba, 1393 auf, dann folgen noch u. a. Petrus de Haro und Georgius de Haro. In Krakau studierte 1500 Johannes Heber­ardi de Horw zusammen mit vier Kollegen aus Ungarn, 1503 Petrus Johannis de Harb mit zwei anderen aus Siebenbürgen, usw. Es wäre denkbar, daß das Geschlecht Stoß im Holzein­schlag oder eher in der Holzbearbeitung (Segemühlen!) und im Holzhandel tätig war, auch schon zuvor, aber hauptsächlich im 16. Jahrhundert. Zu Beginn des Jahres 1477, noch im Winter, haben sich die Kon­suln in der neugestalteten Krakauer Stadtregierung schließlich für die Errichtung des Hochaltars der Marienkirche entschieden. So konnten sich die Unternehmer in der zweiten Hälfte des Frühjahrs, genau am 25. Mai, endlich an die Arbeit machen. Aufgrund der späteren Entwicklungen von 1483 und 1485 wissen wir, daß in ihrem Vertrag eine Frist von zwölf Jahren (und wohl noch von zwei zusätzlichen Monaten) ausgesetzt war. 1 Aus Heydeckes Do­kument geht aber hervor, daß es mit dem Arbeitsbeginn von An­fang an Schwierigkeiten gab. Aus irgendwelchem Grund waren beide Partner von vorn herein verspätet. 2 Verfolgt man den Zeit­verlauf von hier aus nach rückwärts, lassen sich die Ursachen auf­decken und es wird auch klar, was das Jahr 1477 gebracht hat. Vorerst bleiben wir deshalb auf der Spur der Meister. 1. DER SCHNITZER UND DER MALER TREFFEN GEGEN ENDE DES WINTERS IN KRAKAU EIN Nach den Gewohnheiten der Zeit trat man längere Reisen - ob Pilgerfahrt, diplomatische Reise, Studienreise ins Ausland, oder zwecks Umzug, Übernahme einer Arbeit oder aus beliebigen Gründen - gegen Ende des Winters oder im Vorfrühling an. Die Forschung ist sich darin weitgehend einig, daß Veit Stoß und sein Weib Ende Februar/Anfang März in der polnischen Hauptstadt eintrafen. 3 Der Maler Martinus, der in Wirklichkeit heimkehrte, legte am 5. März den Bürgereid ab und wurde sofort, ohne schrift­lichen Nachweis in die Liste der Bürger eingetragen. 4 Der Schnit­zer brauchte nicht in die Bürgerliste eingetragen zu werden. Bei ihm reichte der einfachere Eid, nicht des Bürgers (civis), sondern des Mitbürgers (concivis). 5 Er konnte als hoch verehrter Gast, im Besitz seines für damalige Verhältnisse außerordentlich umfang­reichen Vertrags vor das Amt und vor die Öffentlichkeit treten. Waren beide nicht gerade zusammen aus Nürnberg gekommen? Heinz Stafski nahm 1968 mit gutem Grund an, daß Veit Stoß die Nürnberger Werkstatt von Michael Wolgemut wegen des Kra­kauer Unternehmens verlassen hatte, obwohl diesbezüglich bis­lang keine Belege zum Vorschein gekommen sind. Stafskis stilkritische Ausführungen sowie seine Beobachtungen zu den Skulpturen des Zwickauer Altars sind viel eher zu beherzigen als zu verwerfen. Noch mehr zutreffend scheint mir, wie der Nürn­berger Kollege die Begegnung und die dauerhafte Freundschaft von Wolgemut und Stoß begründet. Die Geschichte des Zwik­kauer Altars gehört anscheinend sehr wohl in diesen Zusammen­hang. 2. DIE NÜRNBERGER WOLGEMUT-WERKSTATT Der Auftrag aus Breslau in Schlesien für den Hochaltar der Stadt­pfarrkirche St. Elisabeth erforderte von der Werkstatt Hans Pley­denwurffs in Nürnberg die Mitwirkung eines Malers oder von mehreren Malern, aber ein anspruchsvoller Bildschnitzer brauchte nicht herangezogen werden. Nach Pleydenwurffs Tod (1472) hat Wolgemut (durch die Ehe mit der Witwe) die Werkstatt geerbt. Er hatte seinen ersten großen Auftrag von etwas näher, aus der Berg­und Gewerbestadt Zwickau in Sachsen erhalten. Der Wunsch der Bürger wurde ihnen vom Amtshauptmann von Zwickau, Martin Römer, übermittelt: Es sollte ein zweifach wandelbares Retabel mit Altarschrein, Schreinflügeln und Standflügelpaar sein. Die Arbeit von mehreren Jahren begann beim Schnitzer, der den gan­zen Skulpturenteil - oder den gesamten Altar? - entwarf und auch die Arbeit an der farbigen Fassung der Figuren überwachte. Mit der letzteren Möglichkeit oder Notwendigkeit hat sich auch Stafski befaßt. Er vermutete, daß Veit Stoß der erste und mögli­cherweise auch später der einzige bedeutende Schnitzer unter den Mitarbeitern der Wolgemut-Werkstatt war, der sich ihr um die Mitte der siebziger Jahre zur neuen Aufgabe hinzugesellte. Auf diese Weise mag die Nürnberger Laufbahn von Stoß begonnen haben. 6 Die Wolgemut-Werkstatt übernahm aber nicht nur die Aus­führung von Altarretabeln, sondern bereitete bald auch große, il­lustrierte Druckwerke vor. Sie leistete auch in der Erziehung junger Maler und in der praktischen Vorbereitung von deren Lauf­bahn eine ernsthafte Arbeit. Zehn Jahre später begegnete dort der junge Dürer (er war gerade 15) italienischen Zeichnungen und Stichen, die er begeistert kopierte. Während seiner zweiten Ita­lienreise empfahl er der Werkstatt seinen Bruder Hans (er war da­mals 16), der sich schließlich in Krakau entfaltete und auch dort starb. In der Wolgemut-Werkstatt wurden die massenhaft veröf­fentlichten Kupferstiche von überall her als verwendbare Vorlagen sehr umsichtig gesammelt. Freilich fehlten auch die Scheibenrisse und Glasfenster-Aufträge nicht. Stafski hielt den Einfluß der Sti­che von Meister ES grundlegend für die Schnitzfiguren von Stoß, ganz gleich, ob er diese bei Wolgemut oder bereits früher (?) ken­nengelernt hat. Seit Lottlise Behling (1957) ist bekannt, daß an der Rückseite des Zwickauer Altars der maßgebliche Einfluß von Israhel van Meckenem nachweisbar ist. An gemalten Tafeln erscheinen hier zum ersten Mal Beispiele des Ast- und Laubwerkgeschmacks, der sich dann zuerst in Krakau auftauchen und schließlich weiter im Osten noch eine lange Nachblüte erleben sollte. 7 Zunächst wollen

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